Erste Anwendung in NRW: Wann der neue Hirnschrittmacher bei Parkinson Fortschritte bringt

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Köln: Uniklinik setzt erstmals adaptives System der Tiefen Hirnstimulation ein•
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Köln: Uniklinik setzt erstmals adaptives System der Tiefen Hirnstimulation einKöln: Uniklinik setzt erstmals adaptives System der Tiefen Hirnstimulation einErste Anwendung in NRW Wann der neue Hirnschrittmacher bei Parkinson Fortschritte bringtKöln · Wer unter Parkinson leidet, kämpft oft mit Bewegungsstörungen. Um die Symptome zu lindern, kann die Implantation eines Hirnschrittmachers helfen. Mediziner an der Uniklinik Köln haben nun erstmals eine verbesserte Version in Betrieb genommen, die sich dem Patienten anpasst.•







Die Parkinson-Krankheit führt zu einem langsam fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn.•
Die Glieder sind steif, die Hände zittern, und es fällt schwer, das Gleichgewicht zu halten: Wer unter der Parkinson-Krankheit leidet, für den sind solche Symptome im Alltag oft ständige Begleiter. Parkinson ist eine Erkrankung des Nervensystems, die zu Bewegungsstörungen führt und bislang nicht heilbar ist. Dank intensiver Forschung gibt es heute aber verschiedene Möglichkeiten, die Symptome der Krankheit zu lindern. Neben der Gabe von Medikamenten kommt für einige Parkinson-Patienten auch die sogenannte „Tiefe Hirnstimulation“ in Verbindung mit der Implantation eines Hirnschrittmachers in Frage.An der Uniklinik Köln haben Fachmediziner nun erstmals einen Patienten mit einem neuen Hirnstimulations-System behandelt, das sich an die Bedürfnisse des einzelnen Patienten anpasst: Veerle Visser-Vandewalle, Direktorin der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie, und Michael Barbe, Professor für Neurologische Bewegungsstörungen und Oberarzt in der Klinik für Neurologie, erklären, wie die Tiefe Hirnstimulation gegen Parkinson hilft, wie die neue Technologie funktioniert und wie Patienten davon profitieren.Erkrankung Die Parkinson-Krankheit, auch Morbus Parkinson, oder Parkinson-Syndrom, ist eine Erkrankung des Nervensystems, die chronisch fortschreitet. Dabei sterben nach und nach sterben Nervenzellen im Gehirn ab und es kommt zu einem Mangel an Dopamin. Das führt zu Bewegungsstörungen; unter anderem verlangsamten Bewegungen , unkontrollierbarem Zittern und Muskelversteifung .Verbreitung Morbus Parkinson zählt weltweit zu den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen neben Alzheimer. Allein in Deutschland sind laut Deutscher Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen bis zu 400.000 Menschen von der Krankheit betroffen.Was ist die Tiefe Hirnstimulation?„Die Tiefe Hirnstimulation wird zur Behandlung von Bewegungsstörungen durchgeführt, die als Symptome von bestimmten Erkrankungen auftreten und die Folge einer elektrischen Störung tief im Gehirn sind“, erklärt Visser-Vandewalle. „Das Prinzip ist, dass wir in das Areal, das elektrisch gestört ist, eine Elektrode implantieren, um die elektrische Aktivität dort modulieren zu können. Dann haben wir auch einen positiven Einfluss auf die Symptome.“Dazu ist eine minimalinvasive Operation zur Implantation der Elektroden im Gehirn erforderlich: Zunächst werden zwei winzige Löcher in die Schädeldecke gebohrt und anschließend zwei Drähtchen eingesetzt, die über feine, unter der Haut liegende Kabel mit einem Generator verbunden sind. Dieser Generator – eine Art Batterie, die auch als Hirnschrittmacher bezeichnet wird – wird unter die Haut des Brustkorbs oder Bauches implantiert. Er sendet elektronische Signale aus, die die Muskelaktivität beeinflussen und dadurch die Bewegungsfähigkeit verbessern können.Wie werden Parkinson-Patienten mit der Tiefen Hirnstimulation behandelt?Fast 300.000 Patienten weltweit seien bislang mit der Tiefen Hirnstimulation behandelt worden, sagt Visser-Vandewalle. Besonders häufig kommt die Therapie bei Parkinson-Patienten zum Einsatz. Typisch für die Krankheit ist, dass im Gehirn zu wenig Dopamin vorhanden ist; ein Botenstoff, der die Bewegungssteuerung reguliert. In der Folge kommt es zu Versteifungen der Muskulatur, verlangsamten Bewegungen oder unkontrollierbarem Zittern. Symptome, die in der Regel zunächst medikamentös behandelt werden. In einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit lässt die Wirkung der Medikamente aber oftmals nach und es kommt zu Wirkungsschwankungen. In solchen Fällen kann die Tiefe Hirnstimulation zusätzlich zur Medikation eine Verbesserung der Lebensqualität bewirken.Visser-Vandewalle erklärt das so: „Wir haben alle eine Art Bremse im Kopf, die dafür sorgt, dass wir im Alltag ruhig sitzen können und nicht zappelig sind.“ Bei Parkinson-Patienten sei diese Bremse, ein bestimmtes Areal im Gehirn, allerdings zu aktiv. „Deswegen haben diese Patienten Bewegungsprobleme. Wenn wir ihnen eine Elektrode implantieren und eine hochfrequente Stimulation anwenden, dann lässt diese Aktivität nach, und sie können sich wieder besser bewegen.“Was ist die adaptive Tiefe Hirnstimulation, und wieso stellt diese neue Variante eine Verbesserung dar?Bei der adaptiven Tiefen Hirnstimulation werden elektrische Stimulationen nicht mehr konstant eingesetzt, sondern passen sich an die aktuellen Hirnsignale von Parkinson-Patienten an. Das ist möglich, weil dieses neue Simulationssystem Hirnsignale in Echtzeit auslesen kann, was erstmals eine präzise Anpassung an die jeweils individuellen Bedürfnisse des Patienten ermöglicht.„Parkinson-Patienten, die Medikamente nehmen, haben Phasen, in denen die Behandlungsdosis wirksam ist und solche, in denen die Wirkung nachlässt, wir sprechen von „On“- und „Off-Phasen“, erklärt Barbe. „In den Off-Phasen ist die sogenannte Beta-Aktivität im Gehirn erhöht und das bedeutet auch, dass die Parkinson-Symptome dann sehr ausgeprägt sind.“ Die Tiefe Hirnstimulation, wie sie bis jetzt durchgeführt worden sei, habe die Off-Phasen zwar bereits deutlich reduziert. „Wir hatten bisher aber noch keine Software, die die Hirnstimulation an die Hirnaktivität in Echtzeit anpasst“, sagt Barbe. „Mit der adaptiven Variante ist das nun möglich.“ Parkinson-Patienten könnten durch die neue Technologie also mehr „On“-Zeit pro Tag gewinnen, die medikamentös bedingten Wirkschwankungen werden reduziert.Wie erfolgt die Umstellung auf das adaptive System?Patienten, die schon mit der Tiefen Hirnstimulation behandelt werden und dementsprechend über Sensoren und einen Generator verfügen, müssen für die Umstellung auf die adaptive Variante nicht erneut operiert werden. „Einige Patienten haben bereits ein System implantiert bekommen, das zur adaptiven Stimulation in der Lage ist“, erklärt Barbe. „Diese Funktion war in Europa bislang nur noch nicht freigeschaltet, weil die Zulassung fehlte.“ Vor kurzem hat nun der Medizintechnikhersteller Medtronic von der EU die CE-Zulassung für sein adaptives System erhalten. „Nun müssen wir nur jeweils ein Software-Update auf den Generatoren vornehmen, und dann können die Patienten adaptiv stimuliert werden“, sagt Barbe.Für welche Patienten sind die Tiefe Hirnstimulation und die neue adaptive Variante geeignet?Barbe und Visser-Vandewalle gehen davon aus, dass Patienten, die unter Wirkschwankungen leiden und bereits mit der Tiefen Hirnstimulation behandelt werden, in vielen Fällen von der neuen Variante profitieren können: „Wir werden prüfen, ob wir durch die adaptive Stimulation bei diesen Patienten noch eine Verbesserung erzielen können“, sagt Barbe. „Das geht aber nicht mit einem Knopfdruck, sondern kann Wochen oder Monate dauern, bis die richtige Einstellung gefunden ist.“ Und nicht für jeden Parkinson-Patienten komme die Tiefe Hirnstimulation generell in Frage. „Patienten, die nicht gut auf Dopamin ansprechen oder demenzielle Symptome haben, können wir damit nicht behandeln“, sagt Barbe. „Deswegen entscheiden wir immer in einem interdisziplinären Team, ob ein Patient für eine THS-Behandlung geeignet ist.“

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