Hoffnung für Millionen von Menschen: Neuartige Methode revolutioniert Therapie gegen Volkskrankheit
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Neuartige Behandlung revolutioniert Therapie gegen Vorhofflimmern•
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Neuartige Behandlung revolutioniert Therapie gegen VorhofflimmernNeuartige Behandlung revolutioniert Therapie gegen VorhofflimmernHoffnung für Millionen von Menschen Neuartige Methode revolutioniert Therapie gegen VolkskrankheitMönchengladbach · Vorhofflimmern ist eine Volkskrankheit. Eine neue Behandlungsmethode, die „Pulsed Field Ablation“, gilt als besonders nebenwirkungsarm. Die Bilder des Eingriffs sind eindrucksvoll.•
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Wie Kardiologen mit Strom Vorhofflimmern behandeln•
Volkskrankheiten und Volkswirtschaft sind nahe Verwandte. Was viele Menschen leiden lässt, schlägt anderswo kraftvoll zu Buche: bei den Fehltagen im Büro, bei den Kosten für Ärzte, Kliniken, Medikamente. Kranke Leute müssen oft kutschiert werden, kranke Leute telefonieren stundenlang. Und sie kurbeln die Forschung an, weil neue Therapien für die Pharma- und Medizinprodukteindustrie lukrativ sind. Unabdingbar ist, dass sie gut anschlagen und ihre Wirkung in großen Studien bestätigt wurde.Das ist offenbar bei einer neuen Option zur Behandlung von Vorhofflimmern der Fall, einer unangenehmen und heimtückischen Herzrhythmusstörung. Die Therapie heißt „Pulsed Field Ablation“ , selbst zurückhaltende Mediziner nennen sie einen „Gamechanger“. Der Kardiologie-Professor Lars Lickfett spricht von einem „komfortablen und vor allem sicheren neuen Angebot“. Lickfett ist Chefarzt am Johanniter-Krankenhaus Bethesda in Mönchengladbach, er überblickt die wichtigen Verfahren der sogenannten invasiven Elektrophysiologie.Studie Die Manifest-17K-Studie sammelte Daten von über 17.000 Patienten, die in über hundert kardiologischen Zentren weltweit behandelt wurden. Sie waren im Schnitt 64 Jahre alt, knapp ein Drittel war weiblich. Rund 58 Prozent der Patienten litten an einem anfallsartigen, kurzen Vorhofflimmern, 35 Prozent hatten ein häufiger auftretendes und länger andauerndes Vorhofflimmern; bei knapp sechs Prozent hielt es lange an.Analyse Die Forscher analysierten in der Manifest-17K-Studie verschiedene Komplikationen, die bei den behandelten Patienten auftreten könnten, etwa eine Ansammlung von Flüssigkeit um das Herz und Schlaganfälle. Ein besonderer Fokus lag darauf, Schädigungen von Geweben wie der Speiseröhre oder dem Zwerchfell zu vermeiden.Wenn er das sagt, dann nicht, weil er Reklame für den Hersteller machen will oder muss. Sondern weil er davon überzeugt ist – und weil es für die Volksgesundheit wichtig ist. Laut der Deutschen Herzstiftung sind rund 1,8 Millionen Menschen von Vorhofflimmern betroffen. Typische Beschwerden sind Herzrasen, Luftnot, Brustschmerzen, Schwindel oder eingeschränkte Belastbarkeit. Die Folgen eines unbehandelten Vorhofflimmerns können schwerwiegend sein. Es zählt unter anderem zu den häufigsten Ursachen eines Schlaganfalls.Was passiert beim VorhofflimmernAber worüber reden wir hier überhaupt? Was flimmert denn da? Bei gesunden Menschen hält ein raffiniertes Pumpsystem den Blutkreislauf rhythmisch tadellos in Gang. Den Takt schlagen spezialisierte Herzmuskelzellen im rechten Vorhof des Herzens. Aus diesem Areal, dem sogenannten Sinusknoten, jagen die elektrischen Impulse durch den Vorhof und über eine Zellbrücke in die Hauptkammern des Herzens. Entlang dieser Erregungsstrecke ziehen sich die Herzmuskelzellen zusammen. Die Folge: Der Muskel wirft eine Portion Blut in den Kreislauf und versorgt den Körper. Die Zellbrücke zwischen den Herzvorhöfen und Herzkammern heißt AV-Knoten. Der Knoten dient als mäßigender Kollege des Sinusknotens. Was im Vorhof an mitunter stürmischer Erregung aufflammt, bremst der AV-Knoten aus.Dieses komplexe System ist anfällig. Ist ein Herz bereits vorgeschädigt , wirkt sich das auf den Rhythmus aus. Auch Alkohol, Hormone und das Nervensystem setzen ihm zu. Manchmal verbreitet sich die Erregung dann entfesselt durch die Vorhöfe. Anstatt sich kraftvoll zusammenzuziehen, zittern die Herzvorhöfe dann nur noch. Sie flimmern. Hält der AV-Knoten dem Trommelfeuer nicht stand, greift das Flimmern auf die Herzkammern über. Der Patient ist in Gefahr, weil sein Herz kaum mehr Blut in den Kreislauf auswirft.Doch selbst wenn die Herzkammer unberührt bleibt, ist der Zustand heikel. Denn wenn der Vorhof nur noch zuckt, kann sich in seinen Ausbuchtungen ein kleiner stiller See aus Blut bilden. Lickfett: „In einem solchen Totwasserraum entstehen oft Blutgerinnsel, die ins Gehirn ausgespült zu werden drohen. Nicht selten ist ein Schlaganfall die Folge.“ Tatsächlich gehen 30 Prozent aller Schlaganfälle auf Vorhofflimmern zurück.Wie Vorhofflimmern behandelt wirdSeit Jahren schon rücken Ärzte dem Vorhofflimmern mit einem minimalinvasiven Eingriff zu Leibe: der Katheter-Ablation. Mit speziellen Sonden dringen sie von der Leiste aus über ein Blutgefäß zu den renitenten Impulszentren im linken Vorhof vor. Dort, an den Mündungen der Lungenvenen, ziehen sie sogenannte Läsionslinien. Dieses Verfahren trennt die Pulmonalvenen elektrisch vom übrigen Vorhof. In den 1990er-Jahren hatten Michel Haïssaguerre in Bordeaux und Carlo Pappone in Mailand die Technik entwickelt, die heute gewaltig boomt. Kaum eine kardiologische Klinik hat sie nicht im Portfolio. Die Zahl der sogenannten Pulmonalvenen-Isolationen stieg in früheren Dekaden teilweise von Jahr zu Jahr um mehr als 20 Prozent.Die Innovation: „Pulsed Field Ablation“Und was ist das Innovative an der „Pulsed Field Ablation“? Hierbei werden die Bereiche des Herzgewebes, die Vorhofflimmern auslösen, gezielt mit elektrischen Impulsen verödet – und nicht, wie bei anderen Verfahren, durch Hitze oder Kälte. Die Ergebnisse der sogenannten Manifest-17K-Studie wurden in der Fachzeitschrift „Nature Medicine“ veröffentlicht. Sie zeigte, dass die Komplikationsrate bei der PFA im Vergleich zu anderen Kathetereingriffen sehr gering ist.Lickfett erklärt den Vorteil: „Während bei thermischen Ablationen wie der Verödung durch Hitze Komplikationen wie die Vernarbung einer Lungenvene nicht auszuschließen sind, kennen wir bei der PFA keine Berichte darüber, auch nicht über Zwerchfell-Lähmungen oder Verletzungen der Speiseröhre.“ Auch wenn der Kardiologie-Professor immer wieder auch mit Kälte arbeitet , schätzt er die geringe Komplikationsrate bei der PFA ganz besonders – weil sie ausschließlich auf den Herzmuskel wirkt und die Umgebung verschont.Wie die Behandlung abläuftWer Lickfett ins Herzkatheterlabor begleitet, erlebt ein eingespieltes Team. Der Kardiologe hat heute mit einer 80-jährigen Dame zu tun, die wegen einer anderen Herzrhythmuskrankheit bereits einen Herzschrittmacher in der Brust trägt. Nun plagt sie auch ihr Vorhofflimmern arg. Weil bei der Verödung eine elektrische Spannung bis 2000 Volt erzeugt und an den Körper abgegeben wird, bekommt die Patientin – damit sie nichts spürt – eine Narkose mit einem Opioid und mit Propofol, außerdem zur Blutverdünnung Heparin, damit sich keine Thromben bilden.Dann bahnen sich – nach dem „Anstich“ in der Leiste – Katheter und Führungsdrähte den Weg durch die Hohlvene in den rechten Vorhof, dann durch die Herzscheidewand in den linken Vorhof. In den Röntgenbildern sieht der Operateur, wo sich seine Katheter und Drähte gerade im Körper befinden, im Angiogramm zeigt sich der Blutfluss in den Lungenvenen. Der spezielle Ablationskatheter nähert sich deren Mündungen, setzt sich präzise auf und gibt sehr kurze, hochenergetische Stöße ab. Das erzeugt kleine Poren in der Zellmembran, wodurch die fürs Vorhofflimmern verantwortlichen Areale im Vorhof des Herzens verödet werden.Letztlich ist das eine anspruchsvolle Elektrikertätigkeit, bei der wie bei jeder anderen Katheterablation auch Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden: die kontinuierliche Überwachung wichtiger Herzparameter wie Herzfrequenz, Blutdruck und Sauerstoffsättigung oder die direkte Aufzeichnung elektrischer Signale aus allen Herzbereichen.Die Prozedur bei Lickfetts Patientin verläuft reibungslos. Eine Nacht wird sie zur Überwachung in der Klinik bleiben, dann darf sie nach Hause. Auch bei ihr wird Lickfett nach einer gewissen Zeit genau schauen, ob der Eingriff erfolgreich war oder ob das Vorhofflimmern erneut auftritt. Dieses sogenannte Rezidiv ist bei keinem Ablationsverfahren auszuschließen, weil sich nach der Vernarbung, die der Eingriff bewirkt, doch kleine störrische Impulsfelder zurückmelden können. Dann ist ein zweiter Eingriff erforderlich.Natürlich werden in vielen anderen Kliniken weiterhin thermische Ablationen mit Hitze und Kälte praktiziert. Kein Patient dort muss sich deswegen sorgen: Auch diese Verfahren sind etabliert und in der Hand erfahrener Kardiologen eine sehr sichere Angelegenheit.